Reisebericht von Mira von Waldenfels, Februar-Mai 2011
Zusammen mit Bernhard und Jakob, meinen Mitreisenden, begann Anfang Februar voller Spannung und Aufregung meine lang ersehnte Reise nach Afrika. Ich hatte seit meiner Kindheit den Traum, diesen Kontinent voller interessanter Kulturen zu besuchen und um so mehr freute ich mich darauf.
Sabrina, die vor mir nach Kagadi gereist war, hatte mir viel erzähl und auch Bilder gezeigt, aber als ich schließlich in Uganda war, war es ganz anders als ich es mir ausgemalt hatte. Man muss Afrika wirklich erlebt haben, um es sich vorstellen zu können.
Als wir endlich, nach einer langen Anreise, einem Kulturschock und einer Wagenladung Eindrücken, das Hostel in Kagadi erreichten, fanden wir uns plötzlich von 64 Kindern umgeben. Zunächst waren sie alle noch ein wenig zurückhaltend und beobachtend, manche mehr und manche weniger, aber im den nächsten Tagen fassten sie und auch wir sehr schnell Vertrauen und begannen uns gegenseitig kennen zu lernen. Ich hätte nie gedacht, dass 64 für mich zu Beginn sich teilweise so ähnlichen Kindern, so unterschiedlich und einzigartig für mich werden könnten. Im Laufe der Zeit lernte ich sie alle zu unterscheiden, zu mögen und ja sogar als meine kleinen Freunde zu schätzen.
Nach zwei Wochen fuhr Bernhard, der das ja alles schon kannte, nach Hause und Jakob und ich waren auf uns alleine gestellt, aber wir wurden dort so gut aufgenommen, dass ich mich schnell auch alleine (bzw. zu zweit) zurechtfand. Die Lebensfreude und Energie, die diese Kinder haben, übertrug sich auch auf mich und so spielten wir zusammen Fußball oder Fangen oder was uns gerade in den Sinn kam, redeten (soweit wie möglich) über dies und jenes und saßen auch einfach nur zusammen und genossen die Gemeinschaft. Wir malten aber auch viel oder spielten Gruppenspiele, die die Kinder uns mit Freunde beibrachten. So fühlte ich mich nach zwei Wochen so, als ob ich schon zwei Jahre im Hostel gewesen wäre. An den Schultagen waren wir morgens alleine, wodurch wir Zeit hatten, zu lesen und eigene Projekte zu verfolgen. Nachmittags waren dann die Kleinen da, vier Jungs und ein Mädchen, die kein Englisch konnten, was aber unser Zusammensein nicht beeinträchtigte.
Da sie noch sehr klein sind, war es sehr gut, dass wir so viel Zeit zusammen verbringen konnten, da Fünf- bis Siebenjährige die zumindest für den Moment keine erreichbaren Eltern haben, ja sehr bedürftig sind und so diese Bedürfnisse zumindest teilweise gestillt werden konnten. Um fünf kamen dann die großen Kinder und wir spielten zusammen Fußball, arbeiteten im Garten oder spielten MauMau . Am Wochenende machten wir oft Ausflüge zu den umliegenden Bergen oder zur nahegelegenen Radiostation, was die meisten Kinder sehr erfreute. Einerseits um einfach mal aus dem Hostel und Umgebung rauszukommen und etwas anderes zu sehen und andererseits, weil wir auf dem Weg auch die eine oder andere Familie besuchen konnten. Und da Ugander sehr gastfreundliche Menschen sind, bekamen wir jedes Mal eine kleine Leckerei mit auf den Weg und einmal sogar ganze Säcke voller Avocados für alle 64 Kinder.
Auch die Betreuer für die Kinder, die Köchinnen und alle anderen Menschen die wir kennen lernten, behandelten uns so freundlich und interessiert, dass das Gefühl der Fremdheit bald dem Gefühl der Sicherheit wich und so viel Platz für interessante Gespräche und Erlebnisse war. Zum Beispiel fuhren Jakob und ich in der Mitte unseres Aufenthalts zusammen mit Max, einem hiesigen Abiturienten, zum Semuliki National Park, was sehr anregend aber schön war. Außerdem führte ich lange Gespräche mit Rosalin, einer der Betreuerinnen, in denen ich auch sehr viel über sie und ihr Schicksal erfuhr.
Für mich war diese Zeit unersetzbar. Zu lernen, ohne Technik oder Medien zu leben, so viel Zeit für sich zu haben, keiner Ablenkung durch Werbung oder Fernsehen ausgesetzt zu sein, aber gerade deshalb so viel Freude zu erfahren und mit so tollen Menschen zu leben war eine der eindrücklichsten Erfahrungen in meinem Leben. Aber auch die andere Lebensweise der Menschen dort zu sehen und teilweise auch zu übernehmen war unglaublich interessant. Ich habe die Zeit dort sehr genossen, obwohl ich natürlich auch sagen muss, dass Heimweh einfach zu einem Auslandsaufendhalt gehört. Und doch erinnere ich mich nicht an die schlechten Tage, sondern an die guten und vor allem an die tollen Kinder, die ich in mein Herz geschlossen habe.
Natürlich habe ich auch manche Schattenseiten Afrikas kennen gelernt; und das, genauso wie die guten Erfahrungen, haben mich zum Nachdenken und Hinterfragen meiner Lebensweise und Werte gebracht. So war Afrika für mich nicht nur ein schönes Erlebnis, sondern auch eine Erfahrung fürs ganze Leben, die ich nicht mehr hergeben möchte.